Unperfekt perfekt
Aktualisiert: 31. Mai 2022
Einen linearen und sauberen Schul- und Berufsweg anzustreben ist immer noch eine sehr weit verbreitet Haltung. Lücken im Lebenslauf sind nur dann o.k., wenn du am Reisen warst oder für eine bewusst genommene Auszeit. Abweichungen von der normalen Schule sind dann akzeptabel, wenn es eine Begabtenförderung oder so ähnlich war.
An einer gut gelaufenen Schulzeit ist definitiv nichts auszusetzen. Ebenso an einem Berufsweg, der in sauberen Bahnen verläuft. Das ist nur nicht so normal, wie wir gerne hätten und uns das oft auch einbilden.
Das Leben richtet sich nicht nach unseren Vorstellungen, auch wenn wir das oft meinen. Das Streben nach Perfektion, Erfolg und Leistung bringt Druck, schränkt unsere Freiheit und Kreativität ein. Ja, es schränkt uns im Menschsein ein.
Druck, weil wir den Erfolg nicht in der Hand haben. Klar, wir können uns anstrengen, Aus- und Weiterbildungen besuchen, den Vorgesetzten gehorchen, gefallen und befördert werden. Das sind alles Versuche ohne Garantie auf "Erfolg". Neben der fehlenden Erfolgsgarantie ist die Gefahr auch sehr gross, dass wir uns weg von unseren persönlichen Bedürfnissen bewegen.
Das alles lernen wir bereits in der Schule. Die Aktivitäts- und Entdeckungslust wird beispielsweise eingeschränkt. Ausser natürlich beim Sport. Dort gilt Bewegen auf Kommando. Das Lernen und der Lernzuwachs wird bewertet und so die Lust am Lernen genommen. Viele Kinder lernen dann "gerne", um durch gute Noten Anerkennung zu erhalten.
Genau so wie später viele "gerne" arbeiten, weil sie dafür einen guten Lohn erhalten oder Aussicht auf eine Beförderung oder noch mehr Bezahlung haben.
Hier könnte ich noch viele Beispiel anführen. Es geht darum, das Bild zu zeigen, in welcher Welt wir uns bewegen. Das ist leider Realität. Es gibt immer noch viele Lehrer*innen die ihre Schüler*innen bestrafen, um sie zu disziplinieren. Vorgesetzte und Unternehmen üben Druck auf ihre Mitarbeitenden aus, indem sie ihnen mit Kündigung drohen, sie in ihren Anliegen nicht ernst nehmen oder dauerhaft kontrollieren.
Was macht man also, wenn man sich in diesem Schul- und Arbeitssystem nicht wohlfühlt. Es gibt viele Projekte und Menschen, die für eine neue Schul- und Arbeitswelt arbeiten. Es ist bereits vieles in Bewegung gekommen. Nun aber ein paar Handfeste Ideen.
Das Grundkonzept für die folgen Ideen und Gedanken ist das japanische WabiSabi und stammt aus dem Buch von Beth Kempton. Vieles davon findest du in ähnlicher Form auch in anderen Konzepten und Büchern. Mir gefällt die Gesamtheit von diesem WabiSabi aber ganz gut. Es wird als die japanische Weisheit für ein perfekt unperfektes Leben beschrieben. Daraus stelle ich dir drei wichtige Punkte vor.

Was uns grundsätzlich im Leben helfen kann ist das Akzeptieren und Loslassen. Vielleicht kennst du das bereits aus dem Bereich der Achtsamkeit, Yoga oder Meditation. Das Leben ist im Fluss und unbeständig. Was vergangen ist, ist vorbei und die Zukunft noch nicht da. Das heisst, dass du das Vergangene und dein Vergangenheit akzeptierst oder lernst, das zu tun. Damit ist nicht gemeint, dass du alles gut findest, was war. Das wäre unrealistisch und wenig hilfreich. Es geht darum, diese Vergangenheit als Teil von dir und deinem Leben zu akzeptieren und zu wissen: Es ist vorbei. Ob es nun gut oder schlecht war.
Beweglichkeit bedeutet Stärke. Seien Sie wie die Bambuspflanze.
aus Wabi Sabi von Beth Kempton
Hinzufallen, zu scheitern, es nicht zu schaffen, gehört zum Leben. Es geht nicht darum, ob wir Scheitern, sonder darum: das Scheitern umdeuten. Sicher einfacher gesagt als gemacht. Ob wir eine Prüfung nicht bestehen oder einen Job nicht erhalten, es fühlt sich nach Scheitern an. Es ist eine Niederlage. So denken wir zumindest im ersten Moment. Denn in und aus diesen Situationen können wir ganz viel lernen und mitnehmen. Zum Beispiel:
- Demut: Wir haben nicht alles in der Hand. Welchen Anteil am Scheitern hattest du und welchen schiebst du anderen in die Schuhe.
- Erfahrung: Scheitern ist eine Erfahrung, die dir niemand nehmen kann. Mit guten und schönen Situationen umzugehen ist kein Problem. Zu lernen mit der Frustration, Trauer oder vielleicht Wut umzugehen ist eine Herausforderung und bringt dich persönlich weiter.
- Du hast es probiert! Hättest du es nicht probiert, wärst du auch nie gescheitert. Das war nur möglich, weil du etwas getan hast.
- Das Leben und die Menschen sind nicht perfekt. Lerne das zu akzeptieren und verinnerliche diese Haltung. Du hast vieles nicht in der Hand.
Falle sieben Mal hin, stehe acht Mal wieder auf.
Japanisches Sprichwort

Die berufliche Reise geniessen
Diesen Teil finde ich sehr wichtig. Die schönsten Berufswege sind nicht linear. Manchmal müssen wir unseren Traumberuf aus gesundheitlichen Gründen aufgeben und ein anderes Mal finanziell unten durch. Vielleicht merken wir, dass wir im aktuellen Beruf total unzufrieden sind, unser Potenzial nicht nutzen können und etwas anderes machen wollen. Das alles gehört zu einem normalen und erfüllten Leben. Hier helfen Neugier, Spass, ein gutes Selbstwertgefühl und das Erkunden und Ausschöpfen des eigenen Potenzials.
Ich sah nie einen Mann in die Irre gehen, der einem geraden Weg folgte. Saadi
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